Baalbek (Heliopolis)
Anfahrt
Von Beirut Richtung Damaskus – Hazmiye – Alay – Zahle – Baalbek
ca. 85 km / Fahrtzeit 2 bis 2 1/2 Std.
Geschichte
Viel gerühmt werden die antiken Zeugnisse Ägyptens, Roms und Griechenlands – doch Baalbeks Monumentalitäten stellen alles in den Schatten.
Baalbek ist Libanon großartigster römischer Schatz und kann zu den Wundern des Altertums gezählt werden. Seine Tempel gehören zu den erhabensten und größten, die je gebaut wurden, und auch zu den besterhaltenen. Über vier Jahrhunderte erstrecken sich die – letztlich unvollendet gebliebenen – griechisch/römischen Bauarbeiten des Tempelbezirks.
Die monumentalen Ausmaße der Sakralbauten, die hoch über der Beka'a Ebene aufragen, waren bewusster Ausdruck der Macht und des Reichtums des römischen Imperiums. Die hier verehrten Götter wurden mit den einheimischen wie Hadad, Atargatis und einem jungen einheimischen Fruchtbarkeitsgott vereint. Örtliche Einflüsse werden auch deutlich bei der Planung und Anlage der Tempel, die von der klassischen römischen Konzeption abweichen.
Baalbeks Tempel entstanden auf einem Hügel, der mindestens seit dem Ende des 3. Jahrtausends als Heilige Stätte diente, über die jedoch nur geringe Kenntnis vorliegt. In der Hellenistischen Zeit (333-64 v. Chr.) identifizierten die Griechen den Gott von Baalbek mit ihrem Sonnengott und nannten den Ort Heliopolis, Stadt der Sonne. Im 1. Jh. wurde hier ein ummauerter Hof angelegt mit einem Altar in der Mitte, wie es der Tradition biblischer Heiliger Stätten der Semiten entsprach. Das Tempelgelände wurde vergrößert und auf dem westlichen Teil eine podiumsähnliche Erhöhung angelegt, um darauf einen Tempel der klassischen Form errichten zu können, der jedoch nie gebaut wurde. Spuren des geplanten Projekts lassen sich aber noch heute erkennen. Nachweislich ist Baalbek im 1. Jh. v. Chr. Heilige Stadt.
Unter Kaiser Augustus beginnen 15 v. Chr. dann römische Baumeister mit der Errichtung des Großen, so genannten Jupiter-Tempels. In die Zeit Neros fallen 60 n. Chr. inschriftlich bezeugte Bauarbeiten am Jupiter-Tempel sowie der Baubeginn des Bacchus-Tempels. Im Verlauf der nächsten drei Jahrhunderte wird die Anlage ständig erweitert und prachtvoll ausgestattet: Im 2. Jh. erhielt der Große Hof vor dem Jupitertempel die Säulenhallen (Porticus), die halbrunden oder rechteckigen, auf den Hof geöffneten Räume (Exedra), die Altäre und Bassins für die Kulthandlungen, während zur gleichen Zeit die Arbeiten an dem sogenannten „Bacchus“ Tempel aufgenommen wurden.
Die Propyläen (monumentale Eingangstorbauten) und der hexagonale Vorhof (sechseckiger Hof) wurden im 3. Jh. hinzugefügt. Sehr wahrscheinlich wurde in dieser Zeit auch der kleine Rundtempel, bekannt als Venustempel, fertig gestellt.
Als im Jahre 313 die christliche Religion zur Staatsreligion erhoben wurde, schloss der byzantinische Kaiser Konstantin offiziell die Baalbektempel. Im Zuge der Christianisierung ließ Theodosios I. im Jahr 380 n. Chr. die Jupiteraltäre zerstören und demonstrativ an ihrer Stelle unter Verwendung des Materials des Tempels eine Basilika aufbauen. Die Reste der drei Apsiden der Basilika, die nach Westen ausgerichtet war, kann man noch im oberen Teil der zum Jupitertempel hinaufführenden Freitreppe sehen. Nach der Eroberung Baalbeks durch die Araber im Jahre 636 bauten die Umaiyaden eine Freitagsmoschee auf dem römischen Forum. Die Tempel wurden in eine Festung verwandelt, arabisch „qalaa“, womit noch heute die Akropolis bezeichnet wird. Während der nächsten Jahrhunderte fiel Baalbek an die Abbaassiden, Tuluniden, Fatimiden und Ayyubiden. Im Kampf gegen die Kreuzfahrer bekam die Tempelanlage strategische Bedeutung und wurde zur Zitadelle umgewandelt.
Ein katastrophales Erdbeben 1170 richtete schwere Verwüstungen an. 1260 überrannten die Mongolen Syrien. Auch Baalbek wurde von ihnen eingenommen und geplündert, erlebte aber in der darauf folgenden Herrschaft der Mameluken Periode der Ruhe und des Wohlstands. 1759 beschädigte ein weiteres Erdbeben große Teile der Anlage. In der Folge wurde sie als Steinbruch genutzt. Der Besuch des Heiligen Landes führte 1898 den deutschen Kaiser Wilhelm II. auch nach Baalbek – Seine Majestät war über alle Maßen beeindruckt. Er veranlasste die Zusammenstellung eines hoch qualifizierten Archäologenteams, welches umgehend die Restaurierungsarbeiten aufnahm, Schutt abtrug und Säulen wieder aufrichtete. An diese architektonische Leistung erinnert eine Gedenktafel im Inneren des Bacchus-Tempels.
Im November 1998 wurde in libanesisch-deutscher Kooperation ein Museum in den Substruktionen (Unterbauten) des Jupitertempels eröffnet. Dr. Margarete van Ess, wissenschaftliche Direktorin der Orient-Abteilung des Deutschen Archäologischen Instituts, betreut bis heute das Projekt federführend. Seit 1984 genießt Baalbek als Welterbe den Schutz der UNESCO.
Die Tempelanlage von Baalbek umfasst die Tempel des Jupiter, des Bacchus und der Venus. Von einem vierten Tempel, dem des Merkur, auf dem Scheich-Abdallah-Hügel sind nur noch die Reste einer Treppe zu sehen.
Die Tempelanlage
Jupiter-Tempel
Das mit Abstand größte Bauwerk, das die Römer je errichteten – die viel gerühmte Akropolis würde über 12mal auf die Fläche passen!
Das Erste, das der Besucher wahrnimmt, sind die sechs korinthischen Säulen des Großen Tempels, d.h. des Jupitertempels, die 22 m hoch in den Himmel ragen und mit ihren Architraven (Querbalken über den Säulen) eine Vorstellung von der Gewaltigkeit der ursprünglichen Anlage vermitteln. Der gesamte Komplex des Tempels umfasst den Eingang, d.h. die Propyläen, den sechseckigen Vorhof, den Großen Hof und schließlich den Jupitertempel selbst.
Die Propyläen wurden in der Mitte des 3. Jh. vollendet. Über die teilweise restaurierte Treppe gelangt man zu einer Reihe von 12 Granitsäulen, die an beiden Seiten von je einem Turm flankiert werden. Über eine Innentreppe kann man die Propyläen besteigen und wird von einer hervorragenden Aussicht belohnt.
Drei Tore führen in den in der ersten Hälfte des 3. Jh. vollendeten hexagonalen Vorhof mit ursprünglich 30 Granitsäulen mit Architrav. Am Ende des 4. oder Anfang des 5. Jh. wurde der Vorhof von einer Kuppel überwölbt und in eine Kirche verwandelt.
Der Große Hof mit einer Fläche von 134 x 112 m umfasste alle hauptsächlichen Kulteinrichtungen und war auf der abgeflachten Spitze eines künstlichen Hügels gebaut worden. Auf der Ost-, Nord- und Südseite des Hügels stützten Anlagen mit mächtigen Gewölben den Hügel, was auf der Westseite durch das Podium des Tempels bewirkt wurde. Diese Konstruktionen dienten sowohl als Stütze für die Säulenhallen (Portikos) und die halbrunden oder eckigen, nischenähnlichen, sich auf den Hof öffnenden Räume (Exedras), und auch als Ställe und Magazine genützt.
In der Mitte des Großen Hofes stehen zwei mächtige Gebilde: ein restaurierter Altar sowie ein Turm mit den unteren erhaltenen Abschnitten. Der aus dem 1. Jh. datierende Turm, der von zwei allein stehenden Säulen flankiert wurde, sollte wahrscheinlich den Priestern ermöglichen, bei Kulthandlungen von der Höhe des Turmes her, den Kontakt mit Jupiter im Tempel zu halten. Nördlich und südlich von Turm und Altar befinden sich zwei mit Reliefs reich verzierte Wasserbassins für Kultwaschungen. Diese Anlagen wurden am Ende des 4. Jh. bei der Errichtung der Basilika zerstört.
Der ganze Hof war von Exedras und Nischen mit Statuen umgeben, vor den Exedras gab es wiederum eine Kolonnade mit 84 korinthischen Säulen aus ägyptischem Granit. Auf den Außenwällen des Großen Hofes sind noch die Reste mittelalterlicher Zinnen zu sehen.
Durch die Propyläen, den Hexagonalen Vorhof und den Großen Hof gelangte der Gläubige endlich zum Jupitertempel. Dieser Weg durch verschiedene klar definierte Räume entsprach offensichtlich einer orientalischen Konzeption.
Der Tempel, den man über eine monumentale Freitreppe erreicht, misst 88 x 48 m und steht auf einem Podium 13 m über dem umliegenden Gelände und 7 m über dem Großen Hof.
Ursprünglich war der Tempel außen von 54 Säulen umgeben, die in großen Stücken auf dem Boden liegen. Die sechs noch stehenden Säulen sind durch ein mit Stier- und Löwenköpfen verziertes Gebälk verbunden.
Das Podium wurde mit einigen der größten Steinblöcke gestützt, die jemals aus einem Steinbruch gewonnen worden sind. Jeder der drei Steinblöcke des berühmten „Trilithon“ auf der Westseite des Podiums wiegt über 1.000 Tonnen.
Bacchus-Tempel oder Kleiner Tempel
In der Nähe der Jupiter-Tempelanlage steht der in der ersten Hälfte des 2. Jahrhunderts errichtete Bacchustempel, der besonders gut erhalten ist. Selbst der „kleine“ Bacchus-Tempel übertrifft in seinen Ausmaßen die Athener Berühmtheit.
Während der Jupitertempel oder Große Tempel der öffentlichen Verehrung der heliopolitanischen Triade bestimmt war, wurde im so genannten Kleinen Tempel offensichtlich ein geheimnisvoller Kult der Initiierten um den Jungen Gott von Baalbek zelebriert, der als Sonnen- und Wachstumsgottheit galt.
Seine Geburt und sein Wachstum versprachen dem Gläubigen Wiedergeburt und ewiges Leben. Wein und Drogen wie z.B. Opium mögen von den Gläubigen verwendet worden sein. Es sind die in die Portalseiten eingeschnittenen Darstellungen von Wein und Mohn und einigen bacchantischen Szenen, die die Identifizierung des Tempels mit dem Gott Bacchus nahegelegt haben.
Dreiunddreißig Stufen führen zum Eingang des Tempels hinauf, der seinerseits auf einem fünf Meter hohen Podium gebaut ist. Das monumentale Portal und der Blick in das reich verzierte Innere des Tempels gehören zu den attraktivsten Anblicken von Baalbek. Die Stufen beiderseits des Aufgangs mögen kultischen Sinn gehabt haben. Der Turm an der Südostecke des Tempels ist ein gutes Beispiel mamelukischer Befestigungsanlage. Eine Turmbesteigung bietet einen lohnenden Ausblick.
Der Runde Tempel oder sogenannte Venus-Tempel
Der kostbare Tempel im Südosten der Akropolis wurde im 3. Jh. errichtet.
Seine Anlage und Größe sowie seine Ausrichtung auf den Jupitertempel unterscheiden ihn von den anderen Tempeln in Baalbek. Diese Eigenschaften haben es erleichtert, ihn als den Schicksals- oder Glückstempel zu identifizieren, durch den die großen Götter die Stadt schützten. Und es war gewiss kein Zufall, dass der Tempel in der byzantinischen Epoche in eine der Hl. Barbara geweihten Kirche verwandelt wurde, bis heute die Schutzpatronin der Stadt Baalbek. Nahe beim Venustempel finden sich Reste des Tempels der Musen aus dem Anfang des 1. Jh.
Die Stadt Baalbek und Umgebung
In Baalbek und seiner unmittelbaren Umgebung sind noch einige römische und islamische Stätten, die einen Besuch verdienen.
Die Große Moschee gegenüber dem Aufgang zur Akropolis stammt aus dem 7./8. Jh., der Zeit der Umayyaden. Sie wurde an der Stelle des römischen Forums und einer späteren byzantinischen, dem Hl. Johannes geweihten Kirche errichtet. Zum Bau der Moschee wurden Granit- und Kalksteinsäulen der Ruinen verwendet. In der Nordwestecke des Moscheehofes sind Reste eines rechteckigen Minaretts zu sehen.
Öffentliche Bauten
Beim Bustan el-Khan im Süden der Tempel gibt es bedeutende Ruinen von öffentlichen Bädern, einem Markt und wahrscheinlich einem Versammlungsplatz, einem „bouleuterion“.
Ras el-Ain
Die Quelle, jetzt innerhalb des Ortes Baalbek ist seit dem Altertum als Quelle bekannt. Hier findet man noch Reste eines Altars und eines Nympheums aus römischer Zeit und einer 1277 erbauten mamelukkischen Moschee.
Steinbruch am Rande Baalbeks
Das Foto zeigt den größten Stein der Welt. Jener wurde nicht mehr zu seinem fast einen Kilometer entfernten Bestimmungsort gebracht. Der nicht mehr zur Verwendung gekommene Stein dürfte ca. 2.000 Jahre dort liegen und erhielt später den Namen „Stein der Schwangeren Frau“. Knapp 22 Meter lang, bis 4,25 m hoch und 5,35 m breit bringt es dieser aus einem Stück geschnittene steinerne Koloss auf ein Schätzgewicht zwischen 1.200 und 2.000 Tonnen bei einem Raummaß von über 504 Kubikmetern!
Welchen Ruf haben die Pyramiden! Doch deren Monolithen muten im Vergleich zu denen Baalbeks fast niedlich an. Aus Ägypten und Mesopotamien sind Darstellungen bekannt, wie dort Steinblöcke mit Hilfe von Seilen, Holzrollen und Tausenden von Arbeitern transportiert wurden. Außerdem wurden diese „kleinen“ Steine mit einem Durchschnittsgewicht von nur etwa 2,5 Tonnen über ebene Strecken mit genügend Rangierraum bewegt.
Doch bis heute geben die in Baalbek verbauten Monolithen Archäologen, anderen Wissenschaftlern und Ingenieuren große Rätsel auf. Jeweils rund 20 m lang, 4 m hoch und 3,60 m breit sind sie in 6 Metern Höhe in den Jupiter-Tempel eingefügt. Nach der Schätzung von Experten wiegt jeder dieser gigantischen Fundamentblöcke, die schon im Altertum als Weltwunder angesehen wurden, weit über 1.000 Tonnen. Sie gelten als die größten Bausteine, die je von Menschenhand geschaffen wurden. Vollkommen unklar ist, wie derartig große Steine gebrochen, transportiert und exakt in das Fundament eingepasst werden konnten. Dies gilt sowohl für die technischen Möglichkeiten in der Antike als auch für die modernen Methoden der Gegenwart. Einen weiteren Steinbruch findet man bei Al Kiyyal, südwestlich der Stadt, hinter Qubbat Duris.
Qubbat al-Amjad
Auf dem Scheich-Abdallah-Hügel befindet sich die Ruine der Moschee al-Zawiya, die als Grab von Scheich Abdallah al-Yumini diente. Zwischen 1182 und 1230 wurde sie unter der Herrschaft von al-Amjad erbaut, der ein Großneffe Saladins und Gouverneur von Baalbek war. Die für den Bau benützten Steine stammen aus dem benachbarten Merkur-Tempel.
Stadttor
Nordwestlich der Akropolis liegen unweit der Armeekaserne Ruinen eines Stadttores, das in römischer Zeit Teil der Stadtbefestigung war.
Qubbat as-Saadin
Nahe diesem Stadttor steht ein 1409 errichtetes Mausoleum mit zwei Räumen, das als Begräbnisstätte für die Mamelukken-Gouverneure von Baalbek diente.
Qubbat Douris
An der südlichen Stadteinfahrt bemerkt man eine oktogonale Ruine aus acht römischen Granitsäulen, die im 13. Jh. von einer Kuppel überwölbt waren, unter der sich ein Ayyubiden-Grab befand.