Beit ed-Dine

 

Anfahrt

 

Von Beirut Autobahn Rtg. Tyros – Abf. Ad – Damur – Deir al-Qamar – Beit ed-Din


ca. 45 km von Beirut / 1 Std. Fahrtzeit

 

Geschichte und Beschreibung des Palastes

 

Die Straße nach Beit ed-Din verlässt 17 km südlich von Beirut, nur wenige Kilometer nach dem Ort Damur, die Küstenautobahn und steigt auf einer Strecke von 26 km durch das schöne Tal des Flusses Damur auf eine Höhe von 850 m bei Beit ed-Din. Den eindrucksvollsten Blick auf den Palast und seine Umgebung hat man vom Dorf Deir el-Qamar (Kloster des Mondes), 5 km vor Beit ed-Din. Der Palast von Beit ed-Din, das beste Beispiel libanesischer Architektur des frühen 19. Jh., wurde in dreißig Jahren von Emir Beschir el-Schehab II. erbaut, der das Gebiet von „Mont Liban“ länger als ein halbes Jahrhundert regierte.

 

Im Mittelalter gliederte sich der Libanon in fünf Lehen, die von Emiren oder von Scheich-Dynastien regiert wurden, bis es im frühen 17. Jh. Emir Fachreddin II. Maan (gest.1635) gelang, seine Herrschaft auf alle diese Fürstentümer auszudehnen. Damit regierte er über ein Gebiet, das der Größe des heutigen Libanon entsprach.

 

Die erste Hauptstadt Baaqlin musste er wegen des chronischen Wassermangels bald aufgeben. So verlegte er seinen Sitz nach Deir el-Qamar, das mit zahlreichen Quellen gesegnet ist.

 

Als die Maan-Dynastie gegen Ende des 17. Jh. ausstarb, erbten die Emire der Familie Schehab das Land. Zu Beginn des 19. Jh. beschloss Emir Beschir Schehab II, seinen Sitz nach Beit ed-Din (Haus des Glaubens) zu verlegen und einen eigenen Palast zu bauen, eine drusische Eremitage, die Teil des heutigen Palastes ist. 1812 verpflichtete Emir Beschir alle männlichen, kräftigen Untertanen zu zwei Tagen unbezahlter Arbeit im Jahr, um eine reichliche Wasserversorgung seines neuen Regierungssitzes zu schaffen. Das gelang innerhalb von zwei Jahren.

 

Der Palast blieb seine Residenz bis 1840, als er ins Exil gehen musste. Zwei Jahre später schafften die Osmanen das Emirat ab, der Palast diente den osmanischen Behörden als Sitz der Regierung. In den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg nutzte die französische Mandatsmacht den Palast für die örtliche Verwaltung. 1934 wurde das Bauwerk zum historischen Denkmal erklärt und die libanesische Altertumsverwaltung stellte den früheren Glanz wieder her. Nach der Erklärung der Unabhängigkeit des Libanon im Jahre 1943 wurde Beit ed-Din Sommersitz des Staatspräsidenten. Beschara el Chury nutzte den Palast als erster Präsident und holte die sterblichen Reste des Emir Beschir von Istanbul, wo dieser 1850 gestorben war, hierher zurück. Heute ist Beit ed-Din mit seinen Museen und Gärten eine der touristischen Hauptattraktionen des Libanon. Ausgebildete Führer stehen täglich für die Besichtigung zur Verfügung.

 

Der Besuch des nahen Deir el-Qamar lässt sich damit ideal verbinden.

 

Dar el-Barraniyeh, der äußere Teil des Palastes

 

Der große Parkplatz außerhalb des Palastes bietet einen hervorragenden Blick auf die Anlagen. Der Haupteingang führt auf den 107 x 43 m weiten Hof, al-Midan, in dem sich Reiter, Hofleute und Besucher trafen. Von hier aus pflegte sich der Emir mit seinem Gefolge zur Prozession oder auf die Jagd zu begeben. Der Haupteingang führt zu ebener Erde gleichzeitig in das am 1. Mai 1991 eingeweihte Museum, das dem Leben und Werk von Kamal Joumblat (1916-1977) gewidmet ist, dem bedeutenden Drusenführer, Politiker, Parlamentarier und Minister.

 

Die nördliche Längsseite des al-Midan wird von einem zweigeschossigen Palastflügel eingenommen, al-Madafa, in dem einst die Gäste empfangen wurden. Es war Brauch, dass jeder Gast von Rang und Namen ein offenes Haus für jedermann halten würde und dass ein Besucher nicht nach seinem Namen oder dem Zweck der Reise befragt würde, es sei denn nach dem dritten Tag seines Aufenthaltes.

 

Eine Treppe führt in den oberen Stock, der 1945 anhand alter Dokumente vollständig restauriert wurde. Vor 1975 war hier ein wichtiges, der feudalistischen Vergangenheit gewidmetes Museum, heute beherbergt es das Rachid-Karame-Museum für Archäologie und Ethnologie. Die umfangreiche Sammlung umfasst Töpferwaren der Bronze - und der Eisenzeit, römisches Glas, Goldschmuck, Bleisarkophage und glasierte Keramik aus der islamischen Periode.

 

Im ersten Raum des oberen Stocks steht ein vollständiges Modell von Beit ed-Din, das dem Besucher hilft, sich die Größe und Gestaltung der Gebäude, Höfe und Gärten vor Augen zu führen. Die anschließenden Räume zeigen völkerkundlich interessante Gegenstände und enthalten eine Sammlung alter und moderner Waffen sowie Kostüme der feudalistischen Zeit.

 

Dar el-Wousta, der mittlere Bereich des Palastes

 

Den zentralen Bereich der Anlage erreicht man über eine doppelte Freitreppe am westlichen Ende des al-Midan-Hofes, wo sich eine große Büste von Kamal Joumblat befindet. Der eindrucksvolle, aber strenge Charakter dieses äußeren Hofes, den man nun verlässt, wird abgelöst durch eine heitere Architektur und stimmungsvolle Gartenanlagen, was Beit ed-Din das wohltuende Kompliment „libanesische Alhambra“ eingetragen hat. Vom Haupteingang dieses Flügels führt ein doppelter Aufgang zum oberen Stock, wo ein überwölbter Gang nach rechts zu den Wohnräumen der Hamade-Scheichs vom Shouf-Gebirge führt, die für den Schutz des Palastes verantwortlich waren. Wenn man sich nach links wendet, gelangt man zu den Büros der Minister des Emirs.

 

Der Palastflügel öffnet sich auf einen eleganten Hof, dessen Brunnen den anmutigen Charakter der Arkaden auf drei Seiten des Hofes betont. Ausdruck einer für die libanesische Architektur wichtigen Tradition ist die vollständige Öffnung der vierten Seite des Hofes, um in den vollen Genuss der umgebenden Landschaft zu kommen.

 

Die Ecken dieses Hofes werden beherrscht von hölzernen Balkonen oder Kiosken, genannt „comandaloune“. Die luxuriösen Räume längs des Hofes sind reich geschmückt mit Mosaiken und farbigen Holzeinlegearbeiten, ergänzt durch Möbel in bester orientalischer Tradition. Die Räume dienten den Ministern und Sekretären des Emirs sowie Angehörigen des Hofes als Büros und Empfangssalons. Einer der Räume wird Boutros Karami, Minister und Dichter des Emirs Beschir, zugeschrieben.


Höchst kunstvoll geschnitzte und bemalte Holztäfelung bedecken Wände und Decken.

 

Arabische Kalligraphie vertieft die Wirkung. Genial entworfene Marmorbrunnen und -tafeln kühlen im Sommer, während im Winter kupferne Becken mit Holzkohle bereitstanden, um die steinkalten Innenräume zu wärmen. An der Nordseite des Hofes, im Dar el Kataba, befanden sich die Büros der Sekretäre.

 

Dar el-Harim, die privaten Räume

 

Am äußersten Ende des Hofes ragt der Harem auf, der Dar el-Harim, mit einer großen und reich verzierten Fassade, mit dem oberen Harem, dem Empfangssalon, dem unteren Harem sowie den Küchen und Bädern. Der monumentale Bogengang öffnet sich nach links auf den Empfangsflügel, zu dem ein Warteraum und eine Halle gehören, die beide zu den bei weitem verzierungsreichsten Räumen im Palast zählen. Der Warteraum hat eine einzelne Säule, die das Gewölbe des Raumes trägt, weshalb er auch „Saal der Säule“ genannt wird. Der Empfangsraum selbst, der „salamlik“, besteht aus einem oberen und einem unteren Bereich, von denen der eine mit einem feinen Mosaikboden versehen ist, während die Wände mit Marmor-Mosaiken, Statuen und Inschriften geschmückt sind. Eine der Inschriften: „Die Ehre, die ein Gouverneur Gott schuldet, besteht darin, Gerechtigkeit zu üben. Denn eine Stunde Gerechtigkeit ist mehr als tausend Monate Gebet.“

 

Emir Beschir saß auf dem erhöhten Boden an der Stirnseite des Raumes und rauchte seine lange Wasserpfeife, die Narghileh, wenn er mit Würde und absoluter Macht Recht sprach. Hier hielt der Emir Hof und führte seine Staatsgeschäfte.

 

Rechts von der Eingangstür befindet sich der Obere Harem mit dem so genannten „Lamartine-Zimmer“ und einem anderen wichtigen Raum, genannt „Makkamat“, Gerichtssaal.

 

Der Korridor führt zum Unteren Harem, in dem die privaten Gemächer des Emirs und seiner Familie um einen auf vier Seiten geschlossenen, aber nach oben offenen Hof gruppiert sind. Zwei Liwane (nach innen auf den Hof offene Räume) an diesem Hof erlaubten seiner Familie, frische Luft zu genießen.

 

An der Verbindung zwischen dem Unteren und dem Oberen Harem lagen die Küchen, in denen täglich für mehr als 500 Menschen die Mahlzeiten bereitet wurden. Das Essen wurde von hier zum Empfangssaal und zu den Wohnräumen gebracht, wo es vor den Diwanen der Würdenträger und ihrer Besucher auf Tabletts gestellt wurde.

 

Von den Balkonen des Dar el-Harim, das über ein terrassenreiches Tal schaut, bietet sich eine spektakuläre Aussicht auf die Umgebung des Palastes.

 

Hammam, das Bad

 

Am nördlichen Rand des Dar el-Harim-Bereiches befindet sich das Bad, eines der schönsten in der arabischen Welt. In seiner Anlage folgt es dem traditionellen römischen Vorbild. Das Frigidarium, der kalte Raum, diente zum Aus- und Ankleiden, zum Ausruhen vor und nach dem Bad, hier diskutierte man Politik und Literatur oder die neuesten Gerüchte.

 

An diesen Raum schloss sich das Tepidarium an, der lauwarme Raum, der als Übergang zwischen dem kalten und dem warmen Bereich gedacht war und in dem man auch seine Massage erhielt.

 

Der dritte Raum war das Caldarium, der warme Raum, unter dessen von Lehmziegelpfeilern und Gewölben getragenem Fußboden heiße Luft strömte.

 

Wenige Meter nördlich vom Bad liegt im Schatten von Zypressen das gewölbte Grab der Sitt Schams, der ersten Frau des Emir Beschir. Als 1947 Präsident Beschara el-Chury die Asche des Emirs von Istanbul zurückholen ließ, wurde sie im Grab dessen Frau beigesetzt.

 

Die Ställe und die Mosaikausstellung

 

Dar el-Wousta und Dar el-Harim sind über – sehr schön restaurierten – Pferdeställen gebaut, die 600 Pferde und ihre Reiter sowie 500 Mann der Wache des Emirs aufnehmen konnten.

 

Heute hat hier eine ausgedehnte Sammlung von byzantinischen Mosaiken des 5./6. Jh. ihren Platz gefunden. Die größten Stücke dieser Sammlung stammen aus der Ruine einer byzantinischen Kirche des Küstenortes Jiyeh, südlich von Beirut. Aber auch Mosaiken von anderen Fundorten sind in den Ställen und Gärten ausgestellt.

 

Nahe dem Mosaikmuseum ist die „Khalwa“, ein Ort, an den sich Drusen zur religiösen Meditation zurückziehen können. Dieser große Raum, den es schon lange vor Emir Beschir gab, ist restauriert worden und kann besichtigt werden.

 

Emir Amin Palast

 

Für jeden seiner drei Söhne, Qassim, Khalil und Amin, ließ der Emir einen Palast bauen. Emir Qassims Palast, heute eine Ruine, wurde auf einem Bergvorsprung gegenüber dem großen Palast gebaut. Emir Khalils Palast dient heute als Serail, Sitz der lokalen Verwaltung, während der seines Bruders Amin in gekonnter Weise restauriert und vom Tourismus-Ministerium in ein Luxushotel mit dem Namen Mir Amin Palace umgewandelt wurde. Die meisten der 24 Zimmer blicken auf eine eigene Terrasse und auf einen hängenden Garten.

 

Vom Hotel aus leicht zu Fuß erreichbar liegt die Sommerresidenz des Maronitischen Erzbischofs von Saida (Sidon), einst Emir Beschirs Landhaus. Von dessen ursprünglichen Bauelementen sind einige noch heute vorhanden, so z.B. ein schöner steinerner Eingang, erreichbar über eine hohe, weithin sichtbare Wendeltreppe und versehen mit einem pagodenähnlichen Dach.