Kreuzritter und Kreuzzüge
Die Kreuzzüge der christlichen Völker des Abendlands waren strategisch, religiös und wirtschaftlich motivierte Kriege zwischen 1095 und dem 13. Jahrhundert. Im engeren Sinne werden unter den Kreuzzügen nur die in dieser Zeit stattgefundenen Orientkreuzzüge verstanden, die sich gegen die muslimischen Staaten im Nahen Osten richteten. Nach dem Ersten Kreuzzug wurde der Begriff „Kreuzzug“ auch auf andere militärische Aktionen ausgeweitet, deren Ziel nicht das Heilige Land war. In diesem erweiterten Sinne werden auch die Feldzüge gegen nicht christianisierte Völker wie Wenden, Finnen und Balten, gegen Ketzer wie die Albigenser und gegen die Ostkirche dazu gezählt.
Religiöse Motive
Aufbauend auf den Kreuzzugsaufruf Papst Urbans II., begleitet von dem Zuruf „Deus lo vult - Gott will es“ waren viele Kreuzfahrer überzeugt, durch die Vertreibung der Muslime aus dem Heiligen Land Gottes Willen zu erfüllen und die Erlassung all ihrer Sünden zu erreichen. Dies muss vor dem Hintergrund christlicher Berichte und Gerüchte über Gräueltaten der islamischen Machthaber gegen die christliche Bevölkerung des Heiligen Landes gesehen werden und der Verwüstung christlicher Stätten, beispielsweise der Grabeskirche 1009 in Jerusalem. In Konkurrenz mit wirtschaftlichen Interessen traten die religiösen Motive im Laufe der Zeit teilweise in den Hintergrund - besonders deutlich wird das bei der Eroberung und Plünderung der christlichen Stadt Konstantinopel im Vierten Kreuzzug. Bezüglich der Kreuzzüge in den Orient verschwanden sie jedoch nie ganz, sie hatten auch großen Einfluss auf die christliche Bevölkerung in Europa. Besonders unter den nicht-adeligen Kreuzfahrern war die Religion ein wichtiges Motiv.
Gesellschaftliche Faktoren
Der abendländische Adel erhoffte sich durch die Eroberung neue Besitztümer. Auch und gerade traf das auf die jüngeren Söhne des Adels zu, die nicht erbberechtigt waren und nun die Chance sahen, doch noch über ein eigenes Gebiet herrschen zu können. Dies war ebenso ein Ziel der Kirche, da der Kirchenfrieden (eine päpstliche Regel, die streng vorschrieb, wann und wie gekämpft werden durfte; an Weihnachten und anderen hohen Feiertagen durfte beispielsweise nicht gekämpft werden) immer wieder durch Konflikte gestört wurde, in denen es in erster Linie um Gebietsstreitigkeiten ging. So boten die Kreuzzüge auch eine willkommene Beschäftigung für die überzähligen Söhne, die nicht im Kloster oder im Klerus untergebracht werden konnten oder wollten.
Große Teile der Landbevölkerung sahen im Kreuzzug eine Fluchtmöglichkeit vor den harten und oft sehr ungerechten Lebensumständen in der Heimat - zumal der Papst ein Ende der Leibeigenschaft in Aussicht gestellt hatte für jeden, der das Kreuz nehmen und ins heilige Land mitziehen würde.
Auch Verbrecher und Gesetzlose folgten den Aufrufen, weil sie sich durch ihr Kreuzzugsgelübde der Strafverfolgung entziehen konnten und sich ein neues Leben oder Beute erhofften.
Wirtschaftspolitische Interessen
Wirtschaftlich profitierten auch die italienischen Seerepubliken (u.a. Genua, Pisa, Venedig) vom Handel mit dem Orient. So wurde kurzzeitig überlegt, einen Kreuzzug zur Sicherung der Gewürzstraße durchzuführen. Die Idee wurde allerdings recht bald wieder fallen gelassen.
Das Papsttum versprach sich von der Kontrolle über das Heilige Land eine massive Stärkung seiner Machtposition. Letztlich haben die Päpste wohl auch auf die Wiedervereinigung mit der bzw. auf die Kontrolle über die Ostkirche gehofft. Daneben dominierten mit Beginn des 4. Kreuzzuges auch wirtschaftliche Interessen. Das beste Beispiel für dieses Motiv ist wohl der Vierte Kreuzzug selbst, der von der Handelsmetropole Venedig nach Konstantinopel umgeleitet wurde und in der Plünderung durch das Kreuzfahrerheer mit Abtransport der Beute nach Venedig mündete, um den Handelskonkurrenten auszuschalten.
Hier zeigt sich die vollständige Pervertierung des ursprünglich religiösen Kreuzzugsgedankens einerseits, andererseits auch ein Grund für die immer geringere Wirkung der Kreuzzüge in der Verteidigung des oströmischen Reiches.
Die Finanzierung der Kreuzzüge in den einzelnen Bistümern erfolgte über den Kreuzzugszehnten. Zu diesem Zweck wurden Amtsbücher, wie der Liber decimationis angelegt.
Geschichte der Kreuzzüge
Aufgrund der Bedrängung des Byzantinischen Reiches durch die muslimischen Seldschuken hatte der byzantinische Kaiser Alexios I. Komnenos im Westen um Hilfe angefragt. Papst Urban II. hatte 1095 denn auch auf der Synode von Clermont zum ersten Kreuzzug aufgerufen, um die heiligen Stätten der Christenheit zu befreien. Allerdings war Jerusalem zum Zeitpunkt des „Kreuzzugaufrufs“ im Jahr 1095 vorübergehend im Besitz der Seldschuken, welche christliche Pilger weitgehend ungestört gewähren ließen.
Als die verschiedenen Kreuzfahrerheere Ende 1096 die byzantinische Hauptstadt Konstantinopel erreichten, traten weitere Probleme auf: Obwohl die Byzantiner einen Kreuzzug keineswegs herbeigewünscht hatten (sie hatten vielmehr auf Söldner aus Europa gehofft) und den Kreuzfahrern auch nicht ganz grundlos misstrauten – manche von ihnen, wie die unteritalienischen Normannen, hatten zuvor schon gegen Byzanz gekämpft –, unterstützte Alexios sie zunächst, zumal sie ihm einen Treueeid schworen und die Kreuzfahrer ebenfalls auf den Kaiser angewiesen waren. Im Frühjahr 1097 machte sich das Heer auf den Weg, und bald schon stellten sich erste Erfolge ein, wie die Eroberung von Nikaia, das vertragsgemäß den Byzantinern überlassen wurde. Nach schweren Kämpfen, unter anderem bei der Einnahme Antiochias, endete dieser Kreuzzug mit der Eroberung Jerusalems im Juli 1099, bei der es zu blutigen Massakern an den verbliebenen Bewohnern kam – ungeachtet der Religionszugehörigkeit. Es folgte die Entstehung der ersten Kreuzfahrerstaaten Königreich Jerusalem, Fürstentum Antiochia, Grafschaft Edessa und Grafschaft Tripolis.
Klassische Zeitleiste der Kreuzzüge
In der Geschichtswissenschaft werden insgesamt sieben Kreuzzüge (Orientkreuzzüge) als offizielle Kreuzzüge unterschieden, wenn auch weitere kriegerische Handlungen unter dem Namen „Kreuzzug“ stattfanden. Die Zählung ist in der Fachliteratur nicht ganz einheitlich, da manche Kreuzzüge nicht einhellig als eigenständige Kreuzzüge gewertet werden.
Erster Kreuzzug: 1096–1099, Ziel: Jerusalem
Zweiter Kreuzzug: 1147–1149, Ziel: eigentlich Edessa, letztlich Damaskus
Dritter Kreuzzug: 1189–1192, Ziel: Jerusalem
Vierter Kreuzzug: 1202–1204, Ziel: eigentlich Ägypten/Jerusalem, letztlich Konstantinopel
Fünfter Kreuzzug:
„Kreuzzug der Barone“ von Theobald IV. von Champagne: 1239–1240, Ziel: Askalon/Damaskus, sowie von Richard von Cornwall: 1240–1241, Ziel: Askalon/Jerusalem
Sechster (oder siebter) Kreuzzug: 1248–1254, Ziel: Ägypten/Jerusalem
Siebter (oder achter) Kreuzzug: 1270, Ziel: Tunis/Jerusalem
Kreuzzug des Prinzen Eduard: 1270-1272, Ziel: Akkon/Jerusalem
Auch die schwedischen Eroberungsfeldzüge gegen die Heiden in Finnland im 13. Jahrhundert werden als Kreuzzüge bezeichnet. Im 14. Jahrhundert wurden über 50 Kreuzzüge gegen die damals heidnischen Pruzzen und Litauer geführt. Diese vom Deutschen Orden organisierten Feldzüge bezeichnete man auch als „Preußenfahrten“ oder „Litauerreisen“. Das 15. Jahrhundert weist vier Kreuzzüge gegen die Hussiten auf. Von 1443 bis 1444 fand ein meist als „letzter Kreuzzug“ eingestufter Feldzug gegen das Osmanische Reich statt, der in der Schlacht bei Warna scheiterte.
Quelle: Wikipedia