Ab 1943 bis heute / Unabhängigkeit, 2. Weltkrieg, Bürgerkrieg
1943
Der Libanon wird unabhängig, bis 1946 verlassen die französischen Truppen das Land.
1948
Die Regierung beschließt freien Devisenhandel und Bankverkehr; der Libanon wird zum wichtigsten Bankenzentrum im Nahen Osten. Ein Wirtschaftswunder verwandelt in den nächsten zwei Jahrzehnten Beirut in eine moderne Stadt, touristische Anstrengungen machen die „Schweiz des Nahen Ostens“ zum Fremdenverkehrsland für europäische und arabische Gäste.
1967 – 1969
Libanon beteiligt sich nicht am Sechstagekrieg zwischen Israel und den arabischen Staaten. Durch die Angriffe palästinensischer Guerillas auf Israel von libanesischem Territorium aus, wird das Land aber dennoch in den Nahostkonflikt hineingezogen. Nach israelischen Angriffen auf palästinensische Flüchtlingslager im Libanon und dem vergeblichen Versuch der libanesischen Armee, der PLO (Palestine Liberation Organization) Herr zu werden, muss die Regierung 1969 ein Abkommen mit dieser treffen, das einer Anerkennung eines PLO-Staates im Staat gleichkommt.
1970 – 1975
Jordanien weist seine Palästinenser aus; die meisten gehen in den Libanon. Der Verfall der Staatsmacht führt dazu, dass Armee und PLO 1973 einander auf libanesischem Territorium blutig bekämpfen. Maroniten und Schiiten, linke Sunniten und andere Gruppen rüsten immer mehr Milizarmeen auf.
April 1975 - Oktober 1990: Bürgerkrieg
Der Krieg beginnt mit Kämpfen zwischen PLO und Phalangisten, dem bewaffneten Flügel der Maroniten. Das Land wird in kürzester Zeit in kleine und kleinste Territorien aufgeteilt, in denen nur noch die Militärorganisationen der einzelnen Gruppen das Sagen haben. Die Kampfzone zwischen Muslimen und Christen, die >Green Line<, zerteilt Beirut. Syrien schaltet sich ein; 1978 dringen israelische Soldaten in den Südlibanon vor. Nach dem Abzug werden sie durch eine UN-Friedenstruppe ersetzt. 1982 marschieren die Israelis wieder ein; diesmal erobern sie den gesamten Libanon. Hunderte palästinensische Zivilisten in den Flüchtlingslagern Sabl und Chatila (Südbeirut) werden unter den Augen israelischer Bewacher von maronitischen Freischärlern ermordet. Die weltweite Reaktion auf das Massaker zwingt die Israelis zum Rückzug in den Südlibanon. Als sie 1985 auch diesen verlassen, übernimmt die christliche SLA unter „israelischer Beobachtung“ (Südlibanesische Armee) die Kontrolle dieser „Sicherheitszone“.
Kämpfe zwischen Drusen und Christen im Chouf, der „Bergkrieg“; die Christen ziehen sich nach Norden und Jezzine zurück, ihre Dörfer werden planiert. Die 1982 gegründete schiitische Organisation Hisbollah übernimmt in den schiitischen Gebieten des Landes immer mehr die Kontrolle. Im Februar 1987 besetzen syrische Truppen Beirut. 1988 endet die Amtszeit von Präsident Gemayel, der zu diesem Zeitpunkt nur noch über den Präsidentenpalast gebietet. Keine der kämpfenden Gruppen kann sich über einen Nachfolger einigen. Im saudiarabischen Taif beginnen Verhandlungen zwischen den Bürgerkriegsgegnern, am 5. November 1989 wird das Abkommen von Taif ratifiziert, in dem die Machtverteilung im Parlament leicht zu Gunsten der Muslime verändert wird, die im Staat inzwischen die Mehrheit der Bevölkerung ausmachen.
Ende 1990 bis heute
Nach dem Abkommen von Taif beruhigt sich die Lage im Land zunehmend und der wirtschaftliche Wiederaufbau des Landes beginnt. Dabei spielt die Firma Solidere des libanesisch-saudischen Milliardärs Rafik al-Hariri eine entscheidende Rolle. Der Sunnit Hariri wird bis zu seiner Ermordung im Februar 2005 mehrfach sunnitischer Ministerpräsident, gleichzeitig ein Symbol für die nun auch machtpolitisch nachvollzogene demographische Verschiebung zugunsten der Muslime im Libanon. Allerdings bleibt der Süden des Libanon weiterhin besetzt, und die dort operierende Hizbollah-Miliz, die auf syrischen Druck hin nicht entwaffnet wurde, kann auch durch zwei Militärinterventionen Israels nicht militärisch zerschlagen werden. Aufgrund des israelischen Vorgehens gegen die Zivilbevölkerung und die Zerstörung von Infrastruktur (z.B. Umspannwerken) bei der von Ministerpräsident Rabin angeordneten Intervention 1993 wird die Hizbollah auch in den christlichen Gebieten immer populärer.
1995 Frieden zwischen PLO und Israel. Die Hoffnung auf einen Frieden zwischen Libanon und Israel bleibt unerfüllt, da Israel in der Golanfrage nicht nachgibt.
1996 Beginn der zweiten Amtszeit von Ministerpräsident Hariri. Wachsende Spannungen mit Israel – ein Höhepunkt war die von Rabins Nachfolger Schimon Peres im April 1996 befohlene Operation Früchte des Zorns, insbesondere der Artillerie-Angriff auf das UN-FIJIBATT-Hauptquartier (UNIFIL) in Kana im Südlibanon mit 118 libanesischen zivilen Todesopfern.
In 1997 besucht Papst Johannes Paul II. den Libanon.
1998 finden die ersten Gemeinderatswahlen seit 1963 statt; erstmals nach dem Bürgerkrieg nehmen Christen an Wahlen teil. Ende 1998 wählt das Parlament den maronitischen General Emile Lahoud zum neuen Präsidenten. Die drusischen Abgeordneten bleiben der Abstimmung fern.
Im Mai 2000 ziehen sich die SLA und Israel aus der Sicherheitszone im Süd-Libanon zurück.
August - Oktober 2000 Parlamentswahlen finden statt. Staatspräsident wird Emile Lahoud (Maronit), Ministerpräsident Rafik Hariri (Sunnit) und Parlamentspräsident Nahib Berri (Schiit).
Rafik Hariri fällt am 14. Februar 2005 einem verheerenden Autobombenanschlag in Beirut zum Opfer, insgesamt sterben 23 Menschen. An der Place des Martyrs, direkt neben der großen Moschee, wird er bestattet. Der Druck auf Syrien wächst (unter anderem von den USA und der libanesischen Opposition indirekt und mittlerweile auch direkt für das Attentat verantwortlich gemacht), durch den Abzug der im Land verbliebenen syrischen Truppen dem Staat Libanon die volle Souveränität zurückzugeben und die syrische Anwesenheit im Libanon zu beenden. Obwohl die Drahtzieher des Attentats bis heute nicht bekannt sind, tritt die prosyrische Regierung in der Folge der Zedernrevolution (siehe Beitrag unter „Politik“) zurück. Syrien zieht bis Ende April 2005 seine Truppen vollständig ab. Kurz darauf finden die Parlamentswahlen im Libanon statt, und es entstand die libanesische Regierung vom Juli 2005, eine sehr heterogene Koalition verschiedenster Parteien. Die Hisbollah ist dort ebenso vertreten wie die Parteien der Zukunftsbewegung Saad al-Hariris, dem Sohn des ehemaligen Ministerpräsidenten.
Nach der Entführung zweier israelischer Soldaten am 12. Juli 2006 durch Einheiten der Hisbollah begann der 34 Tage dauernde Zweite Libanonkrieg (siehe Beitrag unter „Politik“). Nach der Verabschiedung der Resolution 1701 des UN-Sicherheitsrates trat am 14. August 2006 ein Waffenstillstand in Kraft. Das Mandat von UNIFIL wurde ausgeweitet und die Kontingente aufgestockt. Gleichzeitig rückten libanesische Truppen erstmals seit dem Beginn des Libanesischen Bürgerkrieges 1975 in den südlichen Libanon vor.
Nach dem Sieg der Hisbollah forderte die islamische Organisation eine stärkere Vertretung der Schiiten in der libanesischen Regierung. Nach dem Rücktritt von sechs Ministern stellt die von ihr geführte Opposition die Legitimität der derzeitigen libanesischen Regierung in Frage. Die Koalition des 14. März wirft allerdings Hisbollah und ihren Verbündeten vor, diese Kampagne auf Weisung Syriens zu betreiben, um die Konstituierung eines internationalen Tribunals zur Aufklärung des Attentates auf Rafiq al-Hariri und der Verurteilung der Hintermänner zu verhindern. Am 1. März 2009 wird das Sondertribunal für den Libanon gegründet.