Nationalmuseum Beirut
Ein absolutes Muss für jeden Besucher des Libanon!
Information
Es bietet eine gelungene Einführung in Libanons Geschichte und umfassendes Wissen über die alten Völker und Kulturen des Landes. Obgleich das Museum im libanesischen Krieg (1975-1991) stark beschädigt worden war, ermöglichten öffentliche und private Mittel die Reparatur des Gebäudes, die Restaurierung der Objekte und die Modernisierung der Ausstellungsform. Das Nationalmuseum, dessen Funktion auch neu bestimmt wurde, öffnete 1999 wieder seine Pforten. Die Aufgabe des Museums als Teil der Antikenverwaltung besteht nicht nur darin, Gegenstande auszustellen, sondern sie auch zu erhalten und zu dokumentieren. Seine Sammlungen sind eine reiche Quelle für Gelehrte, Studenten und Touristen.
Die Geschichte des Museums geht zurück auf die zwanziger Jahre, als sich die Notwendigkeit einer zentralen Stätte für die archäologischen Sammlungen ergab. Die Arbeit an dem ansehnlichen Bauwerk im neopharaonischen Stil wurde 1930 begonnen und 1937 beendet. Als das Museum im Mai 1943 eröffnet wurde, zeigte es Ausgrabungsfunde aus Beirut, Sidon (Saida) und Tyrus. Weitere Entdeckungen kamen hinzu, und in den folgenden drei Jahrzehnten erwies sich das Museum als eine der bedeutendsten kulturellen Einrichtungen des Landes.
Als 1975 die Feindseligkeiten ausbrachen, wurden Maßnahmen ergriffen, um die Sammlungen von unschätzbarem Wert zu schützen. Grosse Gegenstände wie Sarkophage wurden mit Eisenbeton bedeckt. Andere Antiquitäten wurden entweder an einen sichereren Ort gebracht oder im Kellergeschoss eingemauert. Mosaiken wurden mit Plastikplanen und Zementschichten geschützt. Trotz dieser Vorsichtsmassnahmen erlitt das Museum schwere Schäden und viele seiner Sammlungen haben durch Vernachlässigung und durch die Salzwasserkorrosion sehr gelitten. Granatfeuer zerstörte Aufbewahrungsräume, in denen die neuen Fundgegenstände auf die Aufnahme in die Bestandsverzeichnisse warteten. Die 17.000 Werke umfassende Bibliothek wurde in Schutt und Asche gelegt.
Bei Kriegsende im Jahr 1991 sah sich die Antikenverwaltung einer schier unlösbaren Aufgabe gegenüber: Das Gebäude musste repariert werden, die Objekte waren zu restaurieren und zu inventarisieren, es galt, die Aufgabe des Museums neu zu definieren und den modernen Erfordernissen anzupassen.
1997 wurde die blattnarbige Fassade mit einer Mischung von Steinpulver und Harz renoviert; durch die Freilegung des ursprünglichen Mauerwerks der Wände gewann das Museumsinnere an Helligkeit und Offenheit. Später wurden noch Aufzüge und akustische Kacheln installiert, vor allem auch die für die Bewahrung und Ausstellung so extrem wichtige Klimaanlage und die klimatisierten Schaukästen, welche die Fundgegenstände vor Hitze und Feuchtigkeit schützen sollen.
Die faszinierende Geschichte der Restaurierungsarbeit zeigt im audiovisuellen Raum (zu jeder vollen Stunde von 11 bis 16 Uhr) ein Video von 20 Minuten, das auch die Szenen der Befreiung der Sarkophage und Statuen von ihren Betonhüllen enthält.
Das Erdgeschoss des Museums ist den Mosaiken und den steinernen Gegenständen vorbehalten, von denen einige monumentale Ausmaße aufweisen.
Im zentralen Bereich und in den Sektionen rechter Hand der Haupthalle befinden sich Objekte der römischen und der byzantinischen Periode (64 - 636 n. Chr.) mit dem berühmten Mosaik der Sieben Weisen, das sich im Museumseingangsbereich befindet. Das gut erhaltene Mosaik schmückte den Speiseraum einer römischen Villa in Baalbek und stellt Kalliope, Tochter des Zeus, die Muse des heroischen Epos und der Elegie, dar, umgeben von Sokrates und den sieben weisen Männern. Unweit des Mosaiks stehen Statuen aus der gleichen Zeit, darunter eine in Tyros gefundene „kopflose“ Statue des Kaisers Hadrian. Vier mit Reliefs geschmückte römische Sarkophage des 2. Jh., je zwei auf beiden Seiten der zentralen Halle, dürften zu den spektakulärsten Objekten im Museum zählen. Einer ist mit einem köstlichen Relief verziert, das trunkene Cupidos, römische Liebesgötter, zeigt ein zweiter Sarkophag bietet griechische Kampfszenen. Die Reliefs der zwei anderen Sarkophage erzählen die Achilles-Legende.
Der erste Generaldirektor der Libanesischen Antikenverwaltung, Emir Maurice Schehab (1942-1982) fand die Sarkophage mit Dutzenden antiken Gräbern in der Nekropole von Tyros.
In der Haupthalle sind auch steinerne Architekturmodelle ausgestellt wie die des noch nicht ausgegrabenen römischen Theaters von Baalbek, des römischen Tempels von Niha in der Bekaa sowie eine Rekonstruktion eines von Löwen flankierten steinernen Altars in Niha.
Der verbleibende Raum des Erdgeschosses ist dem zweiten und ersten Jahrtausend v. Chr. gewidmet. Auf der rechten Seite der großen Halle finden sich Objekte im Zusammenhang mit dem Kult des Eshmoun, des phönizischen Heilgottes, dessen noch erhaltener Tempel bei Saida besichtigt werden kann.
Eshmoun wurde vor allem als Heilgott der Kinder verehrt, und die gefundenen Statuetten von Babys, gewöhnlich sind Jungen dargestellt, wurden ihm als Votivgaben dargebracht. Beachtenswert ist die gewaltige Tribüne aus dem Eshmoun-Tempel (4.-3. Jh. v. Chr.), bei der ein Rang mit Göttern und Göttinnen, der andere mit tanzenden Gestalten verziert ist.
Auf der linken Seite der Halle steht ein Eshmoun-Thron und sechs, aus verschiedenen Teilen des Libanon stammende Miniaturthrone der Astarte, von der persischen bis zur römischen Periode.
Der imposante Kalksteinkoloss in ägyptischem Stil, ganz links im Hintergrund, stammt aus Byblos. Die Datierung ist unsicher, jedoch ist sehr wahrscheinlich, dass sie den starken ägyptischen Einfluss des 3. und 2. Jahrtausends v. Chr. widerspiegelt. Brandflecken im unteren Teil der Statue bezeugen, dass sie durch Feuer beschädigt wurde. Im gleichen Raum ist ein in Byblos gefundener Marmorsarkophag zu sehen, dessen phönizische Inschrift ihn ins 4. Jh. v. Chr. datiert.
Aber der bedeutendste archäologische Schatz des Museums ist unzweifelhaft der Sarkophag des Königs Ahiram von Byblos (2. Jh. v. Chr.), der die älteste erhaltene Inschrift des phönizischen Alphabets aufweist, der Prototyp des modernen westlichen Alphabets. Im Unterschied zu den reich verzierten römisch-byzantinischen Sarkophagen verrät dieser Kalksteinsarkophag eine Mischung von ägyptischem und syrisch-hethitischem Einfluss. Der Sarkophag ruht auf vier geduckten Löwen. Auf der einen Seite ist König Ahiram auf seinem Thron, umgeben von geflügelten Sphinxen zu sehen, während auf der anderen Seite eine Opfergabenprozession dargestellt ist.
Doch es gibt noch etliche weitere, wunderschön verzierte Sarkophage zu bestaunen, von denen neunzehn im Jahr 1901 in der Nähe von Saida gefunden wurden. Die Sarkophage datieren ins 6. bis 4. Jh. v. Chr. Ein weiterer, bedeutender Sarkophag aus Sidon vom Ende des 1. Jh. zeigt ein phönizisches Schiff mit vollem Segel.
Ein Objekt aus Holz findet sich unter all diesen Steinen links vom Eingang im Museum: ein kurzes, massives Stück Zedernholz, das auf 41 v. Chr. datiert wird. Wegen ihrer verschiedenen, hervorragenden Eigenschaften spielte die Zeder des Libanon eine wichtige Rolle im frühen Handel von Tyrus, Sidon und Byblos.
Im 1. Stock
Die verzierten und mit Inschriften versehenen Steine im Erdgeschoss sind architektonisch und monumental, dagegen sind die Objekte im 1. Stock von feinerer künstlerischer Qualität. Hier scheint die Geschichte ihren Schritt verlangsamt zu haben – die Traditionen der Keramik, des Schmucks und der Glaskunst enthüllen die Zeitlosigkeit menschlichen Bemühens.
Die chronologisch geordneten Ausstellungsstücke beginnen mit der Vorgeschichte und der Bronzezeit (3200-1200 v. Chr.) und reichen bis zur Arabischen Eroberung und der Osmanischen Periode (635-1516).
Ein gut sichtbarer Wandplan bietet eine klare Übersicht über die Fundorte im Libanon.
Die Keramik, eine der frühesten menschlichen Ausdrucksformen und die Lingua Franca der Archäologie, ist gut vertreten und beginnt mit der Kupfersteinzeit (4. Jt. v. Chr.). Die Sammlungen umfassen Krüge der späten Bronzezeit aus Kamid el Loz in der Bekaa, Begräbniskeramik der Eisenzeit aus Khaldeh, südlich von Beirut, römische Gefäße und bemerkenswerte islamische Keramik.
Statuetten, die oft als Votivgaben in Tempeln oder bei Begräbnissen verwandt wurden, gehören zu den beliebtesten Schätzen des Museums. Liebenswerte kleine Tierplastiken aus Stein sowie die große Sammlung von Elfenbeingegenständen aus Kamid el Loz datieren in die Bronzezeit.
Vom Obeliskentempel in Byblos stammen die berühmten Statuetten mit der hohen Kopfbedeckung im phönizischen Stil, welche – stets eng beieinander stehend – zum populären Symbol der langen Geschichte des Libanon geworden sind. Beachtenswert sind auch die Terrakotta-Figürchen aus der Hellenistischen Periode (333 v. Chr. bis 64 n. Chr.).
Der Schmuck, von Karneol-Halsketten aus der mittleren Bronzezeit bis zum Begräbnisschmuck aus dem Sidon des 5. Jh. v. Chr., ließe sich auch heute sehr wohl tragen. Von besonderem Interesse ist der Byzantinische Goldschatz, der in einem Lehmkrug im alten Beirut gefunden wurde. Die Ringe, Armreifen mit geschnitzten Tierköpfen, eine Reihe von Gehängen mit Fassungen aus Halbedelsteinen sowie Ohrringgehänge sind von erlesener Qualität. Der Krug wurde 1977 von der Libanesischen Antikenverwaltung und dem Französischen Institut für Archäologie bei gemeinsamen archäologischen Sondierungen ausgegraben. Weiterer attraktiver Goldschmuck kommt aus der Mamelukkenzeit (1289-1516).
Das antike Byblos ist die Quelle so vieler Schätze des Nationalmuseums. Als eine der bedeutendsten phönizischen Städte erfreute es sich vom 3. Jahrtausend v. Chr. an besonders enger Beziehungen mit Ägypten. In Königsgräbern fanden sich Golddiademe und Ikonen, goldene und mit Edelsteinen besetzte Brustplatten, Zepter und ein goldener Dolch. Die Obsidianvase (vulkan. Glas) und ein mit Gold verzierter Schatzkasten waren Geschenke der Pharaonen Amenemhet II. und Amenemhet IV.
Objekte vom Obeliskentempel in Byblos schließen durchbrochene Gold und Bronzeäxte mit ein, ebenso einen Gold-, Silber- und Elfenbeindolch sowie eine goldene Vase. Das mundgeblasene, irisierende Glas, typisch für das hohe Können dieses Handwerks, kommt meistens aus römischen, byzantinischen und islamischen Werkstätten, doch dürfte die Kunst im 1. Jh. in Tyros entstanden sein. Mit ihren eleganten Formen und exotischen Farben gehören diese Glasflaschen, Flakons und Krüge zu denjenigen Gegenständen, welche die meiste Aufmerksamkeit erregen.
Zusätzlich zu den spektakulären Schaukästen verdienen zwei kleine Ausstellungsgegenstände besondere Aufmerksamkeit. Leicht zu übersehen ist das mittels der Murexschnecke, einer Seeschnecke, purpurgefärbte Stück Stoff. Die Purpurfärberei war in Tyrus und Sidon (Saida) eine blühende Industrie. Die Purpurschnecke (Murex) kann auch heute noch in den Küstengewässern gefunden werden, aber ein kommerzielles Färben wie im Altertum ist nicht mehr möglich.
Am Ende der Ausstellung zeigt ein Schaukasten Museumsstücke, die im Krieg beschädigt wurden: unförmige Klumpen aus geschmolzenem Glas, geschwärzte Steine und verformte Metallstücke vermitteln einen Eindruck von der verheerenden Wirkung des Krieges auf Libanons Erbe und der ungeheuren Aufgabe der Rehabilitierung des Museums.
Nützliche Hinweise
Der Eintrittskartenschalter und der gut bestückte Museumsverkaufsstand sind links vom Eingang, während rechts sich der Audiovisuelle Raum befindet.
Toiletten sind in einem gesonderten Gebäude auf dem Museumsgelände.
Öffnungszeiten des Museums: Dienstag bis Sonntag von 09-17.00 Uhr, montags geschlossen.
Eintritt: 5,000 LL, Studenten 1,000 L
Auf der anderen Straßenseite sieht man dem Museum gegenüber einen kleinen Garten, in dem fünf Säulen stehen – Reste einer römischen Kolonnade, die 1940 an anderer Stelle in Beirut entdeckt und hierher gebracht wurde und zu einer Basilika gehört haben dürfte.