Christliche Gemeinschaften, die Autorität Roms nicht anerkennend

 

Kirchen, die die Autorität der Kirche Roms nicht anerkennen, sehen sich als Nachfolger der „Alten Kirche“, als deren Gründer sie Jesus Christus betrachten. „Mystisch-sakramental“ ist er in ihr anwesend und stellt sich in der Liturgie, in den Mysterien (Sakramenten), in den Bildern und den Heiligen dar. Im Zentrum steht die Überzeugung, dass Christus, der Gottmensch, Tod und Vergänglichkeit überwunden habe. Hohe Verehrung erfährt Maria. In den Ikonen und Bildern eröffnet sich den Gläubigen ein Blick in die himmlische Welt.

 

Unterschiede sind u.a. auch in der Weihnachtszeit. Bei den Orthodoxen richtet sich Weihnachten nach dem Gregorianischen Kalender und wird demzufolge am 06. Januar gefeiert.

 

Armenisch-Orthodoxe (Gregorianer)

 

Die gregorianische Kirche, genannt nach dem damaligen König Gregor, dem die Erhebung des Christentums zur Staatsreligion zu verdanken war, hatte großen Einfluss auf die Geschichte des armenischen Volkes, vor allem durch die Entwicklung des armenischen Alphabets.

 

Während in den orientalischen Kirchen die Patriarchen die höchste Autorität innehaben, stehen in der armenisch-orthodoxen Kirche die so genannten Katholikate über den Patriarchen. Nur der Katholikos hat das Recht zur Bischofsweihe, wobei die Katholikatswürde nicht an einen bestimmten Ort gebunden war, so dass deren Sitz mehrfach wechselte. Sitz des Katholikos ist Edschmiadsin. Neben dem Katholikat gibt es zwei Patriarchate. Diese sind Istanbul und Jerusalem. Die Armenier aus dem Libanon unterstehen dem Katholikat von Sis, das sich 1930 in Antelias nördlich von Beirut ansiedelte.

 

Momentan sollen sich ca. 150.000 Gläubige im Libanon aufhalten.


Den Gregorianern stehen fünf Parlamentssitze zu.

 

Assyrisch-Orthodoxe (Assyrische Kirche des Ostens oder Nestorianer)

 

Während des Konzils von Ephesos im Jahr 431 hingen die Anhänger des Bischofs Nestorius dem Dogma an, dass Christus aus zwei verschiedenen „Personen“ bestand, einer göttlichen und einer menschlichen. Diese Lehre wurde von der damaligen byzantischen Kirche verworfen. Später wurde Nestorius selbst verbannt, vor allem als er verkündete, dass Gott/Christus weder geboren wurde noch gelitten habe.

 

Etwa 30.000 Nestorianer flohen seit dem ersten Weltkrieg aus ihrer Heimat in der Osttürkei und im Nordirak nach Syrien und Libanon. Etwa 8.000 Nestorianer leben in der Umgebung von Ost-Beirut, insgesamt ca.10.000 im Libanon.

 

Griechisch-Orthodoxe

 

Diese Kirche trennte sich im byzantischen Reich im Jahr 1045 von der römischen Einheit unter dem Patriarchen von Konstantinopel. Sie folgt dem reinen byzantinischen Ritus. Im ganzen arabischen Raum gibt es drei griechisch-orthodoxe Patriarchate (in Alexandria, Jerusalem und Antiochia), wobei die griechisch-orthodoxe Kirche von Antiochia ihren Sitz in Damaskus hat. Die drei Patriarchate haben gemeinsam, dass ihre Gemeinden seit über tausend Jahren arabischsprachig und Erben einer byzantischen, ursprünglich griechischsprachigen Liturgie sind. Die Orthodoxen im Libanon gehörten dem antiochenischen Patriarchat an, sie werden deshalb als „antiochenische Orthodoxe“ bezeichnet. Die zum Patriarchen von Antiochien gehörenden Orthodoxen kommen ungefähr zur Hälfte aus dem Libanon, weitere Herkunftsländer sind Syrien, Irak, Iran, Kuwait und (durch Auswanderer) Nord- und Südamerika sowie Australien. Die orthodoxe Kirche im Libanon besteht aus sechs Diözesen: Akkar, Tripoli, Elkoura, Djabal Lubnan (Berg Libanon), Beirut, Südlibanon, El Bika.

 

Die Orthodoxen litten unter der osmanischen Herrschaft. Zu jener Zeit war ihnen zwar erlaubt, ihre religiösen Riten auszuüben, sie wurden aber wie Menschen zweiter Klasse behandelt. Diese Leiden der Orthodoxen war für Russland der Anlass, das Recht auf deren Verteidigung zu beanspruchen und sie versuchten, wie andere europäische Mächte auch, im Vorderen Orient Fuß zu fassen.

 

Die Griechisch-Orthodoxen werden häufig als die „arabischsten“ Christen im Vorderen Orient bezeichnet, da sie an keine nichtarabische Ethnie oder Kirchensprache mehr gebunden sind wie syrisch- bzw. armenisch-Orthodoxe.

 

Die Ostkirche hat zwar mit der römischen viel gemein, lehnt jedoch ab, dass der Heilige Geist nicht nur vom Vater, sondern auch vom Sohn ausgeht. Sie verwirft die Lehre vom Fegefeuer, der unbefleckten Empfängnis Marias, die Besprengungstaufe, die Verwendung ungesäuerten Brotes bei der Eucharistie (Abendmahl) sowie die Unfehlbarkeit und die Herrschaftsansprüche des Papstes. Diese Kirche nennt sich auch oft als „rum-orthodox“, um dem Missverständnis zu entgehen, dass ihre Mitglieder griechischer Herkunft seien.

 

Nach Schätzungen wurde die Anzahl der Orthodoxen vor dem Bürgerkrieg mit 250.000 bis 300.000 beziffert. Viele von ihnen wanderten jedoch aufgrund der Bürgerkriegswirren aus. Der Krieg bewirkte auch eine Verarmung der Mittelschicht, zu der die meisten Griechisch-Orthodoxen gehören. Viele libanesische griechisch-orthodoxe Familien nehmen hohe Positionen in der Wirtschaft und in der Kultur ein. Nach dem 1943 abgesprochenen Nationalpakt fällt den Griechisch-Orthodoxen stets der Posten des stellvertretenden Parlamentspräsidenten zu.

 

Kopten

 

Die größte christliche Gemeinschaft im heutigen Orient bilden die Kopten, von denen einige im Libanon leben. Diese Gemeinschaft von ca. 2.000 Anhängern im Libanon wird offiziell durch die syrisch-orthodoxe Kirche vertreten.

 

Die Koptisch-Orthodoxe Kirche leitet sich vom Patriarchat von Alexandria ab. Ihre Anhänger sehen sich als Nachfahren der Pharaonen, die sich der Islamisierung Ägyptens widersetzt hatten. Im Jahr 42 ließ Markus, der Evangelist, die erste Kirche in Alexandria bauen. Die koptische Kirche entstand aus den blutigen Streitigkeiten bezüglich der Natur und des Wesens von Christus. Die ägyptische Kirche war der Ansicht, dass die menschliche von Christus so in seiner göttlichen aufgegangen sei und man nur von einer Natur sprechen könne. Im 3. Jahrhundert erreichte die Verfolgung der Kopten ihren Höhepunkt als unter Kaiser Diokletian etwa 800.000 Menschen für ihren Glauben sterben mussten. Durch diese Verfolgungen ging aus der Koptischen Kirche auch eine große Zahl von Märtyrern hervor. Deshalb wird sie auch als Mutterkirche der Märtyrer bezeichnet.

 

Die koptische Sprache, die heute nur noch im Gottesdienst benutzt wird, hat ein erweitertes, leicht abgewandeltes griechisches Alphabet.

 

Syrisch-Orthodoxe (Jakobiten)

 

Es handelt sich um die jakobitische oder westsyrisch-monophysitische Kirche, die auf das Patriarchat von Antiochia zurückgeht. Die syrisch-orthodoxe Kirche basiert auf der Doktrin, die Jacobus Baradeus (500-578) im sechsten Jahrhundert aufstellte. Seine Anhänger, die hauptsächlich in Syrien wohnten, wurden nach dem Begründer der Doktrin Jakobiten genannt. Der berühmte Heilige Simeon, der sein Leben auf einem Säulenstumpf verbracht haben soll, gehörte dieser Kirche an. Auf dem Konzil von Chalkedon 451 wurden die monophysitischen Anschauungen über Jesus verurteilt. Seit dieser Zeit herrschte ein unerklärter Krieg zwischen der byzantischen Reichskirche und den Monophysiten, zu denen auch die syrisch-orthodoxen Gläubigen gehörten.

 

Oberhaupt ist der Patriarch von Antiochia, der allerdings seit längerer Zeit in einem Kloster bei Diarbekir am oberen Tigris oder im Markuskloster in Jerusalem residiert. Sie sind die einzigen, die bis heute noch die syrisch-aramäische Liturgie bewahrt haben.

 

Vor dem Bürgerkrieg lebten ca. 350.000 Syrisch-Orthodoxe in Syrien, dem Irak, in der Türkei, dem Libanon und in der westlichen Diaspora, ca. 250.000 davon im Nahen Osten. Etwa die Hälfte der syrisch-orthodoxen Anhänger aus dem Libanon ist während des Bürgerkrieges nach Europa, Kanada, in die USA und nach Australien ausgewandert. Jetzt sollen ca. 35.000 Gläubige im Libanon leben.