Jesus in Phönizien

 

In Galiläa

 

Zur Zeit der Geburt Christi war Galiläa der nördlichste der drei Teile Palästinas, westlich des Jordanflusses, und grenzte an Phönizien. Viele Rassen und religiöse Glaubensrichtungen mischten sich hier. Die Juden lebten zusammen mit den griechischen, römischen, arabischen, syrischen oder aus Mesopotamien stammenden Kolonien sowie mit der autochthonen kanaanäischen und phönizischen Bevölkerung. Aufgrund des informellen und als unrein angesehenen Zusammenlebens hegten die Juden in Judäa, wie der römische Historiker Plinius (* etwa 23 in Novum Comum, heute Como; † 25. August 79 in Stabiae infolge des verheerenden Vesuv-Ausbruchs) feststellte, eine herzliche Verachtung für die Galiläer.

 

Der äußerste Teil dieser Gebiete Palästinas wurde als das Galiläa der Nationen, d.h. der Nichtjuden betrachtet. Andererseits erfreuten sich die Juden in Galiläa dank des Einflusses der Phönizier, die Kaufleute waren, eines Ansehens als wohlhabendes Bürgertum.

 

Qana in Galiläa

 

Es gibt im Libanon unweit von Tyrus ein Dorf namens Qana el Jalil = Qana von Galiläa. Eine sehr gut gesicherte Überlieferung, die auf Eusebius von Caesarea, den ersten Kirchenhistoriker, und auf den Hl. Hieronymus zurückgeht, bezeugt dort das erste Lebenszeichen von Jesus.

 

Die Jungfrau Maria – übrigens aus einem Ort nahe Qana stammend –, Jesus und seine Schüler waren dort zu einer Hochzeit eingeladen, wie das Evangelium nach Johannes (Joh.2) berichtet. Als Maria sah, dass der Wein ausgegangen war, sagte sie, bevor die Eingeladenen den Mangel bemerkten zu ihrem Sohn: „Sie haben keinen Wein mehr“, worauf Jesus antwortete: „Was willst du, Mutter, meine Stunde ist noch nicht gekommen." Die Jungfrau Maria wies sodann die Diener an: „Tut alles, was er euch sagen wird!“ Und was dann geschah, ist bekannt: Das Wasser in den Krügen wurde zu einem Wein, sogar noch besser als der vorige. Das Wunder wurde zum Zeichen für die Jünger.

 

In Galiläa (im Sommer des Jahres 28)

 

Das Johannes Evangelium berichtet von einem zweiten Wunder, das Jesus in Qana von Galiläa wirkte: Ein königlicher Beamter in Kafarnaum, dessen Sohn schwer krank war, eilte nach Qana, um Jesus zu bitten, seinen Sohn wieder gesund zu machen: „Herr, kommt, bevor mein kleiner Sohn stirbt.“ Jesus antwortete: „Geh heim, dein Sohn lebt.“ Auf dem Rückweg nach Kafarnaum trifft der betrübte Vater am folgenden Morgen seine Diener, die ihm verkünden, dass sein Kind geheilt und wieder gesund ist. (Jh.4) Das Qana von Galiläa ist auch das Dorf des Nathanael (Jh.21), eines der ersten Jünger von Jesus, bei dem es sich wahrscheinlich um den Apostel Bartholomäus der synoptischen Evangelien handelt.

 

Tyros, Sidon ( Saida ) und Sarepta ( Sarafand)

 

Die Archäologie und die phönizischen Inschriften beweisen, dass zu Jesus' Zeiten Tyros ein kosmopolitischer Hafen auf der Höhe seiner wirtschaftlichen Blüte war. Stadt und Hafen von Sidon / Saida waren zu dieser Zeit ohne Zweifel etwas weniger bedeutend. Die jüdische Gemeinde in Tyros pflegte noch bis nach dem Mittelalter eine sehr geschäftige Erwerbstätigkeit. Jesus brachte die Frohe Botschaft den in dieser Gegend bestehenden jüdischen Gemeinden, die sich in der Nachbarschaft zahlreicher heidnischer Ansiedlungen niedergelassen hatten. Die Kommentatoren des Evangeliums heben oft heraus, dass Jesus sich in das Gebiet von Tyros und Saida begab, um den Provokationen, Fallen und Hinterhalten der Pharisäer und Sadduzäer zu entgehen. Hier konnte er wieder einen Moment des Friedens und der Ruhe genießen und Kraft schöpfen, weshalb er, so scheint es, seine jüdischen Gastgeber und seine Jünger bat, niemanden von seiner Anwesenheit in der Region wissen zu lassen. Die Evangelien der Heiligen Markus und Matthäus geben jedoch Kunde von einer örtlichen Überlieferung, der zufolge eine Kanaanäerin von Jesus die Heilung ihrer verwirrten Tochter erflehte. Christus pries öffentlich die Beharrlichkeit und Glaubenskraft dieser Frau, deren Gebet erhört wurde. Im gleichen Sinn sollte er eine besondere Sympathie für die Städte Tyros und Saida hegen und deren Spontanität preisen, Buße zu tun, ohne dass sie die zahlreichen, in den jüdischen Siedlungen wie Schoresch und Bethsaida geschehenen Zeichen und Wunder gesehen hätten (Mc.8 u. Mat.15).

 

In Trachonitis (August - September des Jahres 29)

 

Im sandreichen Norden Palästinas, unweit des Anti-Libanonmassivs, in Trachonitis liegt die Stadt Caesarea Philippi, das heutige Marjayoun, die auch „Stadt Gottes“ genannt wurde, denn sie zeichnete sich durch den Glanz ihrer Tempel und Gebäude aus sowie durch seine Quellen und Obstgärten. Von der einstigen Pracht sind nur noch einige Steine geblieben. Die Region Trachonitis sollte eine wichtige Rolle im öffentlichen Leben von Jesus spielen. Nachdem Johannes der Täufer durch Herodes Antipas enthauptet worden war, suchte Jesus hier Schutz, ohne jedoch die Stadt Caesarea Philippi zu betreten. Zu drei bedeutenden Ereignissen kam es in diesem Gebiet, das heute zum Libanon gehört:

 

1. Das Glaubensbekenntnis Petrus

 

Hier begründete Jesus die Kirche und gab dem Apostel Simon Bar den Namen Petrus (auf Aramäisch Kepha = Felsen, das Griechische maskulinvisierte das Wort zu Petros). Es war unweit von Caesarea Philippi, wo Jesus das für die Zukunft so entscheidende Wort sprach:  „Du bist der Felsen, und auf diesen Felsen will ich meine Kirche gründen“ – auf Aramäisch 'kneser', auf Griechisch 'ekklesia', d.h. Versammlung. (Matth.16).

 

2. Die erste Ankündigung des Leidens Christi

 

Im ausschlaggebenden Moment, in dem Jesus von seinen Jüngern gerade das erste Bekenntnis ihres Glaubens an ihn als den Messias erhalten hat, gibt er ihnen zum ersten Mal Kunde von seinem bevorstehenden Leidensweg. Er eröffnet seinen anfänglich ungläubigen Aposteln, dass die Stunde des höchsten Opfers gekommen ist und er sich auf den Weg nach Jerusalem machen muss, um dort verhaftet, gerichtet und verurteilt zu werden und dann am dritten Tag aufzuerstehen. Den Jüngern untersagt Jesus, ihm zu folgen, und Petrus muss sich eine barsche Zurechtweisung gefallen lassen.

 

3. Die Verklärung

 

Den meisten der modernen Bibelausleger zufolge geschah die Verklärung auf einem Gipfel des Berges Hermon, eines heiligen Berges der Heiden und eines verehrungswürdigen Ortes der biblischen Überlieferung. Einige Tage nach der ersten Ankündigung des Leidensweges bereitete Jesus ihren Glauben auf die kommende Prüfung vor und verklärte sich vor den Aposteln Petrus, Jakob und Johannes, die wahrnahmen, wie er mit Moses und dem Propheten Elias sprach. Das Mysterium war so neu und tief, dass die Apostel wie bei der Ersten Ankündigung des Leidensweges nicht die ganze Bedeutung begriffen. Ein großes Wunder, die Heilung eines Epileptikers, geschah unmittelbar, nachdem Jesus vom Berg der Verklärung herabgestiegen war (Math.17).