Saida / Sidon
Anfahrt
Von Beirut in Richtung Tyros – Saida
ca. 40 km / Fahrtzeit 45 Min
Beschreibung
Saida (= Sidon, phönizisch: Saidoon) trägt einen der berühmtesten Namen des Altertums.
Aber von allen libanesischen Städten ist es die geheimnisvollste, denn die Schätze und Zeugen seiner Vergangenheit sind in tragischem Ausmaße geplündert und verstreut worden. Im 19. und beginnenden 20. Jh. haben Schatzsucher und Amateurarchäologen wertvolle Fundgegenstände entführt, von denen einige jetzt in ausländischen Museen zu sehen sind.
Auch bis in unsere Tage tauchen Gegenstände des alten Sidon bei internationalen Antiquitätenmessen auf. Weitere Schätze liegen noch im Boden und warten auf systematische Ausgrabungen, die angesichts der städtebaulichen Entwicklung immer schwieriger werden dürften. Der Besucher von heute ist aufgefordert, sich anhand der verbliebenen Ruinen und Überbleibsel eine Vorstellung vom Saida des Altertums zu machen. Seit der Perserzeit galt Saida als die Stadt der Gärten, und noch heute ist Saida von üppigen Orangen- und Zitronenhainen sowie Bananenplantagen umgeben.
Von Norden her erreicht man Saida über eine breite, von Palmen gesäumte Autobahn. Schon von weitem erblickt man das Seekastell aus der Kreuzfahrerzeit und die modernen Hafeneinrichtungen.
Saida, Libanons drittgrößte Stadt und Sitz der Regierung von Südlibanon, ist Handels- und Finanzzentrum. Vor dem Krieg in Libanon war es ein Endpunkt einer Erdölleitung, heute fallen die gewaltigen Vorrattanks für Erdöl auf.
Die Altstadt im heutigen Saida hat sich seit der Kreuzfahrerzeit entwickelt und bietet mit ihren Souks, Karawansereien und mittelalterlichen Ruinen dem Besucher eine Fülle von Eindrücken.
Die Hauptstrasse ist voller kleiner Geschäfte, einschließlich der Konditoreien, in denen die Süssigkeiten angeboten werden, aufgebaut zu kleinen Pyramiden. Saidas Süssigkeiten sind verdientermaßen berühmt, man kann in den Konditoreien und in den Souks zuschauen, wie sie zubereitet werden. Zu den örtlichen Spezialitäten gehören Senioura, ein köstliches Gebäck, Halawiyat mit Mandeln und Pistazien verziertes Gebäck, und Jazarieh, ein Konfekt aus Kürbis, Rosenwasser und Zuckersirup.
Seekastell
Das an der Seeseite der Altstadt gelegene Seekastell wurde 1228 von den Kreuzfahrern errichtet, als sie den (dann doch nicht stattgefundenen) Besuch des Kaisers Friedrich II. von Hohenstaufen erwarteten. Aber bis 1291 wurde weiter am Kastell gebaut.
Die mit dem Land durch eine Art von steinernem Brückensteg verbundene Festung lohnt wegen des weiten Ausblicks auf den Hafen, die Altstadt und die Berge eine Besteigung.
Antike Säulen wurden wieder verwendet, um den Mauern eine größere Widerstandsfähigkeit zu verleihen. Der westliche Turm ist der besser erhaltene. Die Mameluken schleiften nach dem Abzug der Kreuzfahrer das Seekastell und auch andere Seefestungen, um zu verhindern, dass die Kreuzritter an der Küste wieder Fuß fassen könnten.
Die Souks
Befinden sich in der Altstadt, die sich zwischen der Seefestung und dem Ludwig-Kastell erstreckt. Sie haben ihren malerischen, mittelalterlichen Charakter bewahrt sowohl im Bezug auf die praktizierten Metiers als auch auf die hohen Gewölbe. Hier findet man die Liebhaber der Narghile, Wasserpfeife, und des türkischen Kaffees. Und am Markt beim Hafen verkaufen die Fischer ihren letzten Fang.
Khan el-Franj
Die „Karawanserei der Franzosen“, ist das besterhaltene islamische Denkmal in Saida. Emir Fachreddin soll es zusammen mit anderen Karawansereien zu Beginn des 17. Jh. erbaut haben, um Kaufleute und Waren aufzunehmen. Der Khan im Nordwesten der Altstadt und nahe dem Hafen gelegen, wurde an die Franzosen verpachtet und kam so zu seinem Namen.
Der Baukomplex besteht aus der großen und der kleinen Karawanserei und dem Konsulatsgebäude mit der Lateinischen Kapelle. Der große Khan hat in seiner Mitte einen großen Hof mit einem Springbrunnen und ist von Säulengängen und Räumen umgeben. Von den beiden Stockwerken dient der untere dazu, die Waren zu speichern und die Tiere unterzubringen, während die obere Etage die Kaufleute und Reisenden beherbergte. Der Khan ist französisches Eigentum, wie eine Marmortafel am Eingang bestätigt.
In der osmanischen Zeit residierte hier der französische Konsul. Später wurde er einem Kloster als Schule zur Verfügung gestellt. Die Hariri-Stiftung hat inzwischen die große Karawanserei von der französischen Regierung gepachtet und restauriert sie. Die Anlage soll als Ausstellungs- und Kulturzentrum dienen.
Das Konsulatshaus wird gegenwärtig von der National School of' Saida genutzt, während der kleine Khan von mehreren Familien bewohnt wird. Die Lateinische Kapelle wurde der Maronitischen Kirchengutstiftung übertragen und restauriert.
Die Große Moschee
Südlich des Souks liegt auf dem Weg zum Ludwig-Kastell die Große Moschee, ursprünglich die Johannes-Kirche der Barmherzigen Brüder aus dem 13. Jh. Die aus der Kreuzritterzeit stammende Anlage mit ihrem festungsartigen Charakter bietet noch heute von der Seeseite her einen imposanten Anblick.
Qalaat EI Muizz, das Ludwigskastell
Die Ludwigsburg wurde während des Kreuzzugs (1248-1254) unter der Führung von König Ludwig dem Heiligen auf der Ruine einer Festung des Fatimiden-Herrschers Al Muizz aus dem 10. Jh. erbaut. Der heutige Zustand der Burgruine lässt die verschiedenen Stadien der Restaurierung durch die Mamelukken und durch Emir Fachreddin zu Beginn des 17. Jh. erkennen. Zu Füßen des Ruinenhügels liegt eine größere Zahl von römischen Säulen auf dem Boden verstreut.
Murex-Hügel
Im Süden der Zitadelle ist ein 100 m langer und 50 m hoher Hügel zu sehen, der aus den gehäuften Abfällen der Purpurfarbenproduktion in der phönizischen Zeit entstanden ist. Mosaiksteine, die auf dem Hügel gefunden wurden, lassen vermuten, dass die Römer hier Gebäude errichtet haben, wo sich heute moderne Häuser und ein Friedhof befinden. Reste von Murexmuschelschalen sind noch am unteren Teil des heute fast unzugänglichen Hügels zu sehen. Für Phönizien wird übrigens der Überlieferung nach der Beginn der Purpurfärberei ins Jahr 1439 v. Chr. gesetzt.
Die alten Häfen
Der antike „Ägyptische Hafen“, in südlicher Richtung liegend, befindet sich gegenüber dem Ludwigskastell und dem Murex-Hügel. Der in der phönizischen Zeit sehr aktive Hafen ist im Laufe der Jahrhunderte verschlammt.
Das nördliche Hafenbecken dient nur dem örtlichen Fischfang, denn Fachreddin ließ ihn im 17. Jh. auffüllen, um der türkischen Flotte die Einfahrt zu verwehren. Die heute noch sichtbaren Reste des Hafens gehen auf die römische Zeit zurück.
Die Nekropolen von Saida
Die drei bedeutendsten Nekropolen von Saida liegen außerhalb der antiken Stadtgrenzen und wurden bis in die späte römische und frühe christliche Ära benutzt:
- die Nekropole von Maghara Ablun, Fundort des Sarkophags von Eschmunazar (jetzt im Louvre in Paris),
- die königliche Nekropole von Aya unterhalb des heutigen Dorfes Helalie, Fundort u. a. des Sarkophags der Klagenden Frauen
- und (jetzt im Museum in Istanbul) die Nekropole von Ain el-Helwe im Südwesten der Stadt, Fundort der berühmten anthropoiden Sarkophage (jetzt im Nationalmuseum Beirut).
Da diese Totenstädte in Wohngebieten liegen, werden hier keine Ausgrabungen mehr unternommen. Ein südlich der Stadt gelegener Friedhof, bekannt als Dekerman, wurde bis in unser Jahrhundert hinein benützt und ist eine nicht unbedeutende archäologische Stätte mit einer umfangreichen Säumung von Fundgegenständen, meistens Sarkophage, Gräber, Fragmente, Inschriften und Skulpturen.
Auch Rundbaufundamente aus der Jungsteinzeit (ca. 4000 v. Chr.) wurden hier entdeckt.